Zur politisch/gesellschaftlichen Lage

„Etwas zur Lösung eines Problems zu tun, das man nicht verstanden hat, ist, als versuchte man mit den Händen Dunkelheit wegzuschieben.
Wenn Licht hereinkommt, verschwindet die Dunkelheit sofort.“ (Alan Watts)

Die gesamte Gesellschaft ist in einem Aktivismus gefangen, den man als neurotisch bezeichnen muß. Nicht nur bezogen auf die aktuelle, die mehr und mehr zu einer chronischen Lage wird, sondern überhaupt beantwortet der Zeitgeist jedes Problem mit sofortiger Gegenaktivität. Man geht davon aus, ein Problem sei ein objektiver Tatbestand, eine Tat-sache, die nur wiederum durch Tat zu beheben sei. Es wird mit Fakten belegt und argumentiert. Aber auch dies Wort kommt vom lat. facere, was machen und tun bedeutet. Ein Fakt ist also etwas Gemachtes. So entsteht ein Bild erstarrter, gemachter! Dinge, die man glaubt, bei hinreichender Sachkenntnis nach belieben manipulieren zu können. Der Irrsinn des materialistischen Denkens zeigt sich schließlich in allen Bereichen in unauflöslichen Teufelskreisen, gerne als Sachzwänge bezeichnet, die nur einer Parole gehorchen: Mehr vom Gleichen! Mehr Macht, mehr Kontrolle, mehr Tun – alternativlos! Eine Wissenschaft, die sich der reinen Objektivität verschrieben hat, die für sich allein, unabhängig jeglicher Subjektivität zu sein hat, ist eine Illusion.

Wir wissen nicht, dass wir nicht wissen, aber wir glauben zu wissen. Das ist, in einem Satz, der Wahn der Zeit. Vielleicht sogar der Wahn des Menschen überhaupt.

Dass die Welt ein sich selbst hervorbringendes Wunder ist, unauslotbar, intelligent und selbstregulierend, kann in der Verengtheit des veralteten Weltbildes nicht gesehen werden. Die Welt ist Prozeß, Bewegung, fortwährende Veränderung und wir mit ihr.* Erst in der Vorstellung und der Sprache wird sie statisch und faktisch, zu einem Baukasten der Dinge und Machbarkeiten.

Was die Lage braucht ist die ruhige Betrachtung in Stille, Zuwendung und Hingabe. Wer sich so dem Prozeß des Lebens anvertraut, wird sehen, wie das Licht der Erkenntnis die Dunkelheit vertreibt. Und der neurotische Zwang zum Tun, Dinge ohne Unterlass verhindern oder erreichen zu müssen, schwindet.
„Der Weise tut nicht und vollendet doch.“ (Laotse) Die daoistische Weisheit des Handelns im Nichthandeln (wu-wai), im Geschehenlassen und Begleiten im bewußten Wahrnehmen, lebt in und aus dem Mysterium, der unergründlichen Tiefe des Seins. Nie greifbar, unbegrenzt und vollständig im Jetzt. So unerklärlich wie die Liebe.

Wir leben in einer Gesellschaft die verlernt hat sich dem anzuvertrauen, was man früher einmal Schicksal nannte. Statt dessen vertraut man den Autoritäten der heutigen Religion – der Wissenschaft. Wie damals, im von uns belächelten Mittelalter, erkauft man den vermeintlichen Schutz der Mächtigen durch blinden Gehorsam. Nur, dass die Mächtigen nicht schützen sondern beherrschen…

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ Immanuel Kant 1784. Wie damals ist auch heute diese Haltung eine aufklärerische Notwendigkeit, wollen wir nicht als jasagendes Stimmvieh verdummen.

* siehe „Gaia “ von James Lovelock (1978) – ein früher, holistischer Versuch die Erde als einen lebendigen Organismus zu verstehen. Solange wir nicht erkennen, dass unsere Lebendigkeit der Ausdruck dieser Erde ist, so wie das Gehirn nicht vom übrigen Körper zu trennen ist, solange werden wir fremd und zerstörerisch auf diesem Planeten sein.